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Historie
Gaston Phoebus, ein jagdbesessener Adliger aus Südfrankreich, beschreibt im 15. Jahrhundert in seinem reich illustrierten Buch über die Jagd mehrere Typen des Alano, oder, wie er mittelfranzösisch heißt, des Alaunt. Nach seiner Schilderung müssen wir uns unter dem Alaunt einen übermittelgroßen, starken, sehr kampffreudigen Hund mit breitem, verkürztem Fang vorstellen, der einmal als recht hochläufiger, schneller, ausdauernder Packer für die Jagd auf wehrhaftes Wild (alaunt de venerie) Verwendung fand, andererseits aber als Metzgerhund Dienst tat, indem er die ungebärdigen Rinder auf dem Treck treiben half und sie bei Bedarf auch bändigte, dazu auch beim Schlachten half, indem er sie am Muffel festhielt, damit der Schlachter mit der Axt richtig treffen konnte (alaunt de boucherie).
Die Alanen waren ein germanischer Volksstamm, der im Zuge der Völkerwanderung nach Westen vordrang; jedoch ist die Herkunft des Wortes Alano von der Bezeichnung für diesen Volksstamm ethymologisch keineswegs sicher. Viel interessanter ist aber die Verbreitung des Wortes Alano im westlichen Mittelmeerraum. In Frankreich haben wir es in der Schreibweise Alaunt schon kennengelernt. In Spanien bezeichnet es eben denselben Hund, für den auch synonym die Begriffe presa und bulldog español vorkommen. In Portugal finden wir den alâo in der Bedeutung des Bullenbeißers neben dem Wort fila oder besser câo de fila für den Hatzrüden, also mit der Betonung auf dem jagdlichen Element.
Am interessantesten ist die Lage in Italien. Dort existiert seit langer Zeit das Wort alano in der Bedeutung eines doggenartigen Hundes; heute dagegen hat das Wort die Bedeutung "Deutsche Dogge" angenommen und die unserem Alano vergleichbare Rasse heißt Cane Corso; daneben gibt es noch das Wort mastino, heute fast ausschließlich für den Mastino Napoletano gebräuchlich. Eine wie im Falle des italienischen alano zu beobachtende Bedeutungsänderung - ein Wort wird mit neuer Bedeutung, neuem Inhalt gefüllt - gibt es als sprachliches Phänomen häufig. - Auf jeden Fall gilt festzuhalten, dass das Wort alano, evtl. in anderer Lautung und Schreibung im gesamten westlichen Mittelmeerraum verbreitet war und teilweise auch heute noch ist.
Die europäischen Länder des westlichen Mittelmeerraumes bildeten früher noch weit mehr eine Einheit als heute. Zunächst gehören sie dem römischen Kulturkreis an, wenn dieser sich auch noch weiter erstreckte; geblieben ist aus dieser Zeit die Zugehörigkeit zur selben Sprachfamilie. Französisch, Spanisch, Portugiesisch und Italienisch gehören zu den romanischen Sprachen, zur Romania, und sind untereinander sehr ähnlich.
Ebenfalls ein Erbe dieser Zeit ist die Zugehörigkeit zum katholischen Glauben. Die westliche Romania stand jahrhundertelang unter der Herrschaft der Araber. Sie wurden zwar 732 n. Chr. von Karl Martell bei Tours und Poitiers zurückgeschlagen, so dass sie in ihrem Eroberungsdrang gebremst waren, und auch Karl der Große hat sie bis nach Spanien hinein verfolgt, um die Grenzen des Reiches zu sichern. Dennoch waren sie bis zur Zeit des 1. Kreuzzuges 1096 in Südfrankreich präsent. Sizilien und Unteritalien verließen sie erst um 1100, als die Normannen sie endgültig vertrieben, in Spanien und Portugal herrschten sie über Teile des Landes noch weit länger. Granada, die letzte Bastion der Mauren in Spanien, fiel in ebendemselben Jahr 1492, in dem mit Columbus die ersten Alanos nach Amerika kamen. Zwar ist es nicht belegt, dass die Alanos etwas mit den Arabern zu tun hatten; aber viel wichtiger ist die Tatsache, dass unsere Alano-Ursprungsländer unter der einigenden Herrschaft der Araber weiterhin eine kulturelle, religiöse, sprachliche und, für uns heute fast unvorstellbar, auch politische Einheit bildeten. So herrschten die Spanier von ca. 1400 bis weit ins 18. Jahrhundert hinein in Neapel und Süditalien, waren Portugal und Spanien bis zum ausgehenden Mittelalter vereinigt. Welche einigende Rolle bei diesen sehr seetüchtigen Völkern das Mittelmeer gespielt haben mag, kann man sich unschwer vorstellen. Zur See auch spielte sich die Kolonisierung Amerikas durch Spanien und Portugal ab, wobei mit Amerigo (daher der Name Amerika) Vespucci und Christobal Colón (Columbus) auch die seit alters sehr seeerfahrenen Italiener mitwirkten.
Warum sollten diese Völker nicht auch eine gemeinsame Hunderasse haben?